Es wachsen lassen
Erscheinungsdatum: 24.06.2025
Barbara Jahn
Architekt Juri Troy baut, seit er ein Teenager war. Zwischen damals und heute liegen zahlreiche Wettbewerbe, viele Projekte und eine Menge Auszeichnungen. Warum er sich wünscht, dass Städte wie Wälder wachsen, warum es wichtig ist, den Beruf des Architekten schon jetzt für in zehn Jahren zu denken, und einiges mehr hat er uns im Interview erzählt.
Kreativ sein, Neues schaffen und es weiterdenken, sich mit dem auseinandersetzen, was schon da ist, Dinge in die Hand nehmen und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Als Lehrender regt Juri Troy seine Studenten an, Lösungen zu finden auf eine Art, die in einer stark digitalisierten Welt völlig vergessen zu sein scheint. Jemanden anzurufen zum Beispiel, um etwas zu fragen, etwas herauszufinden, oder beispielsweise um an Material zu kommen, um ein Modell zu bauen. „Das ist wirklich sehr interessant, weil es die jungen Leute durch die heutige unverbindliche Kommunikation einfach nicht mehr so gewohnt sind. Wenn sie aber dann doch direkt kommuniziert haben, merken sie, dass das andere Ende der Leitung oft total nett ist, oder sich freut, dass man dort hinkommt, etwas abholt, was bereitwillig gegeben oder sogar vorbeigebracht wird. Die Bereitschaft ist oft sehr groß, weil mit dem überschüssigen Material dann etwas Sinnvolles passiert.“
Sie versuchen, die Studierenden ein bisschen in die Analogie zurückzuführen?
Genau, in ein bewusstes Denken als Teil der eigenen Umwelt. Wir sprechen immer von Umwelt, Umweltschutz usw. Aber man merkt einfach, dass es in den letzten Jahren immer mehr zu einem sehr abstrakten Begriff geworden ist. Es passiert so viel über die digitalen Medien, dass oft das, was zwei Meter weiter passiert, als viel weiter weg empfunden wird, als das, was am anderen Ende der Welt scheinbar los ist. Das fällt mir beispielsweise immer wieder auf, wenn zum Beispiel irgendwo ein Modell gebaut werden soll. Ich höre dann „Ich kann nichts machen, ich habe ja keinen Karton“. Ich sage dann: „Schau mal, da vorne ist der Altpapier-Container, hast du schon mal da reingeschaut?“ Die Reaktion: „Nein, auf die Idee bin ich gar nicht gekommen.“ Aber ich habe das Gefühl, dass es durch unsere Initiativen langsam wieder kommt. Auf der Uni haben wir den Studierenden jetzt sehr gute Bedingungen geschaffen, indem wir uns sehr viele Werkzeuge und Akkutools angeschafft haben, wir sind jetzt gerade dabei, einen Workspace einzurichten, der dann kontinuierlich dann genutzt werden kann. Und da merkt man schon, da entsteht eine wunderbare Dynamik.

Was bedeutet für Sie als Architekt das Nachhaltige, und vor allem, wie kann man das am Leben erhalten, ohne dass sich der Begriff zu sehr abnutzt?
Also, gegen die Abnutzung dieses Begriffs würde ich ganz entschieden auftreten. Das ist vielmehr ein Symptom einer schnelllebigen Zeit. Da wird über einen Begriff zehn Jahre diskutiert und dann kommt, das könne man nicht mehr hören, das sei schon so abgenutzt. Aber nein, im Gegenteil, der Begriff ist nach wie vor, glaube ich, extrem aktuell und extrem wichtig. Es ist eher der Diskurs, der sich abnutzt, ist eher der, weil so vieles an diesem Begriff vorbeigedacht wird, beziehungsweise so vieles darunter subsummiert wird, was in keinster Weise nachhaltig ist. Ich bin der Meinung, dass man sich jedes Mal, wenn man über diesen Begriff nachdenkt, die Grundidee vor Augen halten sollte. Nämlich, dass dieser aus der Forstwirtschaft kommt und dass dieses Denken einen Prozess beschreibt, der ein System am Leben erhält, das nicht ausschließlich meinen eigenen momentanen Nutzen unterliegt, sondern welches so programmiert werden muss, dass zukünftige Generationen auch mit und in diesem System leben können.
Eigentlich ist es sogar so, dass wir, wenn man es in die Architektur, in das Bauen übersetzt, in Zukunft einfach wieder Gebäude wie Bäume denken sollten. Das heißt, Städte wie einen Wald, in der jedes Haus einen Baum darstellt, der irgendwann gepflanzt worden ist, der für eine gewisse Zeit da ist, den ich pflegen kann, wenn ich mich darum kümmere, dem es besser geht und der dann auch entsprechend länger hält. Im schlimmsten Fall, wenn er gefällt werden muss, also, wenn was abgebrochen werden muss, ist es ganz wichtig einen Plan zu haben, was mache ich mit den Ressourcen, wie kann ich mit ihnen sinnvoll umgehen. Das ist meines Erachtens der Hauptaspekt. Inzwischen gehen jedoch viele Bemühungen in eine ganz andere Richtung. Oft wird beispielsweise Holz nur verwednet, um an sichtbaren Stellen etwas Ökologisches zu suggerieren und damit im besten Falle die Kennwerte etwas zu verbessern, damit es nachhaltig wirkt. Und genau das ist es, was einen solchen Begriff abnutzt.

Sehen Sie da die Architekten in der Verantwortung, dieses Thema mehr zu forcieren, weiterzutragen, an Studenten weiterzugeben, quasi an die nächste Generation?
Auf jeden Fall. Das ist in der Lehre, finde ich, ein ganz wichtiges Thema, dass man diese Inhalte auch so transportiert, wie sie dann wirklich sinnvoll weitergedacht und bearbeitet werden können. Da hat sich in den letzten Jahren wirklich sehr viel getan. Ich habe das an der HFT in Stuttgart gesehen, als ich da angefangen habe zu unterrichten. Offensichtlich hat es das Bewusstsein für dieses Thema gegeben, denn sie haben die Stelle ausgeschrieben, die sich speziell mit klimaschonender und ressourceneffizienter Architektur befasst. Offensichtlich ist das Bewusstsein schon da, dass man hier unbedingt etwas machen. Andererseits gibt es eine Kollegenschaft, die teilweise schon 30 Jahre dort arbeitet, wo man aber merkt, dass solche Themen teilweise noch gar nicht angekommen sind. In der Folge hat man dann mit den Studenten zu tun, die natürlich fragen, warum man das jetzt ganz anders sieht als wie beispielsweise der Kollege vom anderen Fachbereich. Doch darüber entstehen dann tolle Diskussionen, und man merkt, es bewegt sich etwas. An der TU Wien, muss ich sagen, hat sich gerade in den letzten Jahren auch diesbezüglich sehr viel verändert, insbesondere, weil eben diese Themen inzwischen bei den meisten Forschungsbereichen angekommen sind oder zumindest mitgetragen werden. Da habe ich das Gefühl, dass es großteils eine gemeinsame Linie gibt.
Und zur ersten Frage zurück, abseits von der Lehre, ob die Architektenschaft da in der Pflicht ist. Ja, also das ist auch so eine grundsätzliche Frage: Was ist eigentlich noch unsere Aufgabe und vor allem in Zukunft? Wir haben uns an der TU in einigen Klausuren genau mit diesem Thema auseinandergesetzt. Wir haben uns gefragt, wie sich unser Berufsbild all den Veränderungen anpassen muss: die Arbeitsbedingungen, die Vorgaben, die Ausrichtungen, was Architektur bedeutet. Aber was bedeutet das dann eben auch für unsere Lehre, und wie glauben wir, dass der Beruf, den wir da versuchen zu lehren, in zehn Jahren aussieht, was ist wichtig zu vermitteln, damit jemand in zehn Jahren in dieser Branche an der richtigen Stelle steht. Da glaube ich eben, dass die Grundwerte ganz entscheidend sind, die man vermittelt. Alles andere – Fähigkeiten, sich in Details reinzuarbeiten, oder Normen zu verinnerlichen und zu übersetzen, die sich sowieso ständig verändern – kann man sich selber aneignen. Aber die Grundwerte, wonach man seine Entscheidungen trifft, oder wie man auch zu den Themen Bauen und Architektur steht, wie man das in die Welt hinaus trägt oder Bauherren gegenüber dann argumentiert, warum gewisse Entscheidungen so oder anders sind, das prägt, glaube ich, gerade in der Zeit, der Ausbildung.

Mir gefällt der Vergleich mit den Bäumen wahnsinnig gut. Man sieht ja auch, dass Sie sich intensiv bei vielen Ihrer Projekte mit Holzbau beschäftigen. Sehen Sie den Holzbau eigentlich so als einzige Alternative für Architektur der Zukunft oder wollen Sie da eigentlich gar nichts ausschließen?
Nein, ich bin da nicht so dogmatisch, weil ich glaube, dass in der Architekturentwicklung diese ganz extremen Positionen eher in Sackgassen geführt haben. Vielmehr denke ich, dass Holz ein wahnsinnig cleverer Baustoff ist, dass er eine sehr lange Tradition hat bei uns, und dass wir in der glücklichen Lage sind, auch viel davon zu haben, und und zudem noch gute Betriebe haben, die sich damit auskennen. Das ist wirklich eine sehr prädestinierte Situation, und deswegen glaube ich auch, dass es absolut sinnvoll ist, mit Holz zu bauen. Das heißt aber nicht, dass man alles in Holz bauen muss. Auch bei uns nicht. Gewisse Dinge sind einfach sinnvoller, wenn man sie in anderen Materialien umsetzt, und dabei allerdings immer wieder auf dieses Maß der Sinnhaftigkeit ausgelegt und balanciert. In anderen Gegenden ist es sowieso ganz anders. Dort, wo kein Wald wächst und es keine dementsprechende Tradition und Infrastruktur gibt, da macht es auch keinen Sinn. Ich würde nie empfehlen zu sagen, in Marokko beispielsweise plötzlich anzufangen, alles in Holz zu bauen. Wie? Woher soll es kommen? Warum?
Das ist ja auch von den Klimazonen her nicht sinnvoll. Das Interessante ist, dass der Mensch so einfallsreich ist, auch in der Entwicklung der Baukultur über Jahrtausende, dass er es geschafft hat, an jedem Ort der Welt mit dem zu bauen, was vorhanden war. Dabei sind noch dazu die Bauformen immer klimatisch optimiert sind für die jeweiligen klimatischen Bedingungen. Ungünstig wäre es, wenn es bei uns, wo wir so starke Temperaturschwankungen haben, nur Stein geben und Lehm würde, dann hätten wir größere Schwierigkeiten. Da ist das Holz total praktisch. Umgekehrt in Jemen zum Beispiel, gäbe es dort nur Holz, dann bin ich mir nicht sicher, ob dann auch diese wunderschönen Lehmhäuser entwickelt worden wären. Aber wie durch ein Wunder findet man an jedem Ort das, mit dem man klimatisch eigentlich sehr sinnvoll arbeiten kann. Leider haben wir das leider in den letzten 100 Jahren völlig vernachlässigt. Das Bauen in Beton, Glas und Erdölprodukten ist zum Standard geworden, und man glaubt, jedes Haus kann, egal wo es steht, genau gleich aussehen, denn den Rest erledigt dann einfach die Haustechnik. Das ist einfach eine Sichtweise, die, glaube ich, in eine derartige Sackgasse geführt hat, weil sie ganz viele grundlegende Themen von der Architektur, vom richtigen, kontextuellen und klimagerechten Bauen völlig ausspart.

Aber wenn, wie Sie richtig sagen, jeder so bauen würde mit den Dingen, die man an Ort und Stelle vorfindet, dann wäre das ja schon in sich ein nachhaltiges System. Glauben Sie, gibt es da eine Rückkehr zu diesem Denken?
Ich glaube schon. Im letzten Sommer gab es zum Beispiel eine Summer School an der TU, die 200 internationale Studenten besucht haben. Es ging um das Thema nachhaltiges Bauen. Ich habe einen Vortrag gehalten, in dem ich veranschaulicht habe, wie wir versuchen zu bauen und wohin die Entwicklung geht. Im Anschluss gab es eine ganz schöne Diskussionsrunde, weil dann eine Menge Fragen gekommen sind, nämlich genau solche Fragen, die man sich wünscht. Ein Teilnehmer hat gesagt, er sei aus der Mongolei, wo es ganz andere Bedingungen und kein Holz gäbe. Dafür gäbe es die Tradition vom Strohbau mit Lehm. Und dann haben wir gleich so diesen Faden weitergesponnen. Es ging darum, eben diesen Gedanken vom nachhaltigen Bauen wiederaufzunehmen und zu schauen, wie man so etwas in ein modernes Bausystem wieder überführen könnte. Die Diskussion ist dann so richtig in Schwung gekommen. Weitere Leute sind noch hinzugekommen, aus Indien, aus Kanada und so weiter. Überall gibt es eine traditionelle Form des Bauens, aber wie könnte man diese übersetzen? Ich finde, genau den Diskurs müssen wir fördern. Weil, nur aus dieser Verwurzelung einer Bautradition heraus lassen sich dann völlig neue Wege beschreiten, die genau für den jeweiligen Ort wiederum total sinnvoll sind.
Sie kommen ja ursprünglich aus Vorarlberg und sind wahrscheinlich mit viel Holz aufgewachsen. Ich meine das gar nicht klischeehaft, aber irgendwoher muss ja auch diese Leidenschaft für das Material kommen…
Ich bin tatsächlich in einem alten Rheintal-Haus, einem Holzhaus, aufgewachsen, das 240 Jahre inzwischen alt ist. Also glaube ich schon, dass mir das sehr viel mitgegeben hat an Liebe für dieses Material. Aber gleichzeitig war meine Hauptprägung von Beginn an eigentlich an das Arbeiten mit Stein, weil mein Vater Steinmetz war. Ich habe einige Jahre bei ihm im Betrieb gearbeitet. Aber gerade letzthin bin ich auch gefragt worden, wie und ob das mein Denken und Arbeiten beeinflusst hat. Ich glaube ganz ehrlich, wenn man mal über längere Zeit mit einem Material gearbeitet hat, dann verändert das nicht nur die Sichtweise auf das Material, sondern auch die Sichtweise auf das physische Agieren mit Material im Allgemeinen, weil es eigentlich immer um die grundlegenden Themen wie Materialgerechtigkeit, um das Fügen, die Eigenschaften von Materialien geht. Wie ich es ausreizen kann, was möglich ist innerhalb eines Materials, aber auch innerhalb der Verbindungen von unterschiedlichen Materialien. Ich glaube, der Unterschied ist mehr – zumindest bei den Architekten – ob sich jemand mal die Möglichkeit gegeben hat, tiefer in ein Material einzutauchen oder nicht. Welches Material es dann ist, ist für einen Architekten, glaube ich, gar nicht so wichtig.

Ich will Sie auch gar nicht auf Holz festnageln. Ich denke nur, von irgendwoher muss ja auch diese Emotion kommen. aber wenn Sie so aufgewachsen sind, haben Sie das Material ja schon atmosphärisch mitbekommen, einfach so ohne jetzt groß drüber nachzudenken, oder?
Schon, ja. Ich muss dazu sagen, ich habe mit 19 Jahren mein erstes Holzhaus geplant, das dann auch gebaut worden ist. Und das hat mich schon sehr nachhaltig geprägt, würde ich sagen. Es hat mich damals extrem fasziniert, wie das in seinen Einzelteilen dann angeliefert wurde und dann innerhalb von zwei Tagen zusammengebaut wurde. Man konnte schon durch die Räume gehen, alles hat sich gut gerochen und war von Beginn an sauber. Das ist schon ein extrem cleveres Bauen, das sehr viel schöner ist von der Art des Bauens her als das Betonieren zum Beispiel.
Bei der Architect@Work ist dieses Jahr „Transformation“ das große Thema. Man hat etwas bestehendes Altes, man transformiert es. Wie kommt das in Ihrem Architekturkosmos zum Tragen?
Wir machen tatsächlich relativ viel Umbauten, das ist schon fast seit der Bürogründung an ein Thema. Interessanterweise eignet sich gerade der Holzbau sehr gut dafür, weil dieses Ergänzen von Bestand im Hinblick auf Vorfertigung, Tragfähigkeit, Materialgewicht, Isolieren und energetisches Sanieren wunderbar reinpasst. Eines unserer jüngsten größeren Projekte zu diesem Thema ist die Windkraft Simonsfeld Bürostandort Schönbrunn, quasi eine Erweiterung und Sanierung im Bürobau, aber wir machen es auch bei kleineren Projekten, was vielen Kolleg*innen zu mühsam ist. Aber Ich finde das eine gute Übung auf der einen Seite, um in das Thema wirklich sehr präzise reinzukommen, und ich finde es auf der anderen Seite auch eine gewisse Verantwortung, die wir in unserem Berufsstand haben, weil so viel an Bestand schon da ist. Alleine in Österreich gibt es mehr als eine Million Einfamilienhäuser, und mehr als die Hälfte davon ist energetisch total jenseits, sehr oft zu groß für eine Familie, meistens mit Grundrissen, die heutzutage nur schwer brauchbar sind. Es ist eine riesige Aufgabe, daraus wieder etwas Zeitgemäßes, Brauchbares zu machen. Ich habe einmal überschlagsmäßig ausgerechnet, dass, wenn nur jedes Architekturbüro in Österreich pro Jahr ein solches Projekt machen würde, dann wären alle über zirka 140 Jahre beschäftigt, nur den Bestand auf einen modernen Standard zu bringen. Eigentlich eine tolle Aussicht, wenn es denn so wäre.
In der Schweiz gibt es eigentlich überhaupt keinen Platz mehr, um irgendwas auf der grünen Wiese zu bauen. In Vorarlberg ist das wohl ziemlich ähnlich. Hier muss eigentlich auf Nachverdichtung und auf Transformation gesetzt werden. Sehen Sie das auch so?
Ja, deshalb passiert dort auch vergleichsweise wirklich viel, nämlich auch in der Forschung und im gesamten Diskurs, sodass man den Eindruck hat, dass sie schon da ein gutes Stück weiter sind. Bei uns ist es wiederum so eine Welle, die – zumindest habe ich habe das Gefühl – irgendwie so ein bisschen von West nach Ost überschwappt. Auch in Vorarlberg ist man durch diese äußeren Zwänge schon deutlich weiter. Aber alleine durch die Veränderung der Architekturlandschaft und durch das Thema Ressourcennutzung wie auch die steigenden Baukosten und so weiter wird es hier jetzt auch immer wichtiger. Davon bin ich überzeugt.

In Graz hat die ARCHITECT@WORK im September ihre Premiere und Sie sind als Speaker eingeladen. Allzu viel wollen wir natürlich nicht verraten, aber vielleicht möchten Sie uns schon ein bisschen neugierig machen?
Ich habe vor, unter anderem auch über das Windkraftprojekt zu sprechen, weil es dort eben um eine Transformation geht und ein Weiterbauen eines Bestandes, der – und das ist ja auch eine interessante Entwicklung – erst zehn Jahre alt war, also relativ jung. Doch weil das Unternehmen so stark gewachsen ist, war diese Veränderung so schnell notwendig geworden. Dann steht man eben vor der Aufgabe, sich mit einem Bestand auseinanderzusetzen, der zwar noch nicht in die Jahre gekommen ist, aber trotzdem sehr viele Vorgaben mitgebracht hat, die teilweise sehr einschränkend waren. Auch das ist ein Thema, das in Zukunft öfter kommen wird. Immer wieder sehe und höre ich von Kollegen, dass ganze Gebäude, die erst vor 20 Jahren errichtet worden sind, wieder abgetragen werden, nur, weil es irgendwelche Änderungen von Widmungen gegeben hat, mit denen man vielleicht jetzt zwei Stockwerke draufsetzen kann, oder an Standorten, an denen Wohnungen doch besser passen als Büros.
Zum Beispiel erinnere ich mich an ein siebenstöckiges Bürohaus aus Beton im zweiten Wiener Gemeindebezirk, das gerade fertiggestellt worden war. Es ist herunterradiert worden bis in den Keller, und innerhalb eines Jahres wieder genau gleich in Beton neu aufgebaut worden. Allerdings als Wohngebäude mit neuen Grundrissen und einem Stockwerk mehr. Beim Bürobau braucht man 2,80 Meter, beim Wohnbau 2,50 Meter - da geht sich gleich mal ein Geschoss mehr aus. Und das verkauft man dann um 8.000 oder 10.000 Euro pro Quadratmeter und finanziert so diesen Irrsinn.
Da sind wir im Moment einfach in einer Denkweise, die wir spätestens mit dem letzten Jahrhundert eigentlich hinter uns lassen hätten sollen. Auf der einen Seite darüber zu diskutieren, wie viel Holz setzt man ein, damit man nachhaltig ist, und auf der anderen Seite so rücksichtslos mit Bestand umzugehen, das macht einem keinen Sinn. Da machen wir auf der einen Seite einen Schritt nach vorne, auf der anderen Seite zwei zurück.
Hauptbild: © Juri Troy
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